E.I.S. 
Ellwanger Institut für Sprachforschung - Neue Arbeitsstelle: Göggingen

Depot  

  • Artikel in der "Pforzheimer Zeitung" über rätselhafte Flurnamen in der Region > https://www.pz-news.de/nachrichten_artikel,-Eine-Region-voll-raetselhafter-Namen-_arid,1173374.html
  • Bei der Deutung von Flurnamen darf man niemals den Fehler begehen, von der heutigen offiziellen, amtlichen Schreibweise auszugehen. Entscheidend sind vielmehr die historische (vor allem die älteste!) Schreibweise, die realen Gegebenheiten (ganz früher) und die (älteste) mundartliche Aussprache. Letzteres wurde 1997/98 in der Gemeinde Königsbach-Stein für den "Flurnamenatlas Baden-Württemberg" festgehalten; um die Fortführung der Untersuchung bemühe ich mich seither. Nun zu dem konkreten Fall "Plötzer": Hier darf man nicht nur an eine Ableitung von "Plotz-" denken, sondern vielmehr an eine von Bletz (der -) = Flecken, Tuchfetzen (für ein unregelmäßig geformtes Grundstück), denn häufig wird mundartliches -e- in "hyperkorrekter Amtsform" als -ö- geschrieben (vgl. Esch > Ösch); ebenso ist "P" mutmaßlich korrekter und "vornehmer" als "B". Ursache ist, dass man den "dummen" Mundartsprechenden gemeinhin unterstellt, dass diese immer alles "falsch" aussprechen - sie selber meinen es häufig auch. Richtig ist vielmehr, dass die Mundarten in der Aussprache der Laute ganz strikten Gesetzen folgen. (Bletzer ist übrigens auch die Berufsbezeichnung für den Flickschneider oder -schuster.) > Der Fall ist damit aber noch lange nicht abgeschlossen ...
  • Intensive Archivrecherchen im Generallandesarchiv Karlsruhe und im Hauptstaatsarchiv Stuttgart erfolgreich durchgeführt. Dank an meine jüngste Praktikantin!
  • Die Arbeit an der Publikation für Ihringen geht voran: Weiterer Termin vor Ort am 10. Mai.
  • Geländetermin in Breisach, Stadtteil Oberrimsingen (mit Grezhausen), am 11. Mai. 
  • Fotos zu den jüngsten Aktivitäten und weitere Informationen > www.facebook.com/flurnamen >> 


Die "Flurnamen der Woche" des Jahres 2013 (nur Text):

 

 

42. KW 52 (23. bis 29. Dezember)

An Weihnachten sind sie wieder in (fast) aller Munde. Deshalb haben sie auch hier die Ehre: die Gänse, die schon die Römer und Germanen aus den wilden Graugänsen (Anser anser) domestizierten und züchteten. Früher gab es wohl in jedem Dorf mindestens eine Gänseweide, denn nicht nur das Fleisch, Leber und Fett, sondern vor allem auch die Federn waren begehrt und für das Leben notwendig; an Martini dienten die Gänse auch als Abgaben an die Lehensherren. Den Dienst der Gänsehirten verrichteten vor allem Kinder; somit ein "einträgliches" Geschäft mit geringen Investitionen.

Auch in Flurnamen kommen die Gänse häufig vor. Für ein gutes Beispiel musste ich deshalb nicht lange suchen: In der neuesten Publikation für die Gemeinde Hochdorf im Landkreis Esslingen, die Anfang 2014 erscheinen soll, finden sich gleich mehrere Gänse-Namen. Ausgewählt für den Flurnamen der Woche habe ich "Gänsbiegel", weil hier auch das Grundwort spannend ist und nicht allgemein bekannt sein dürfte:

 

Quellen:  

Die Flurnamen der Gemeinde Hochdorf (im Erscheinen);

Topographische Karte, Landesvermessungsamt Baden-Württemberg 2006. Maßstab 1:25.000;

KEINATH, Walther: Orts- und Flurnamen in Württemberg. Stuttgart 1951, S. 108. 

 

41. KW 51 (16. bis 22. Dezember)

Immer wieder tauchten bei den Arbeiten zum "Flurnamenatlas Baden-Württemberg" am Rande der Schwäbischen Alb zwischen Göppingen und Esslingen problematische Fälle auf, die einen "Schäfer" im Namen im trugen: So in Jebenhausen (Stadt Göppingen) die "Schäferäcker" oder in Hattenhofen das "Schäferesch". Das jüngste Beispiel war die "Schäfergrube" in Hochdorf (Landkreis Esslingen). Das Problem bei allen diesen Fällen war, dass die schriftliche Überlieferung nur schwer mit den konkreten Verhältnissen und der mundartlichen Aussprache in Einklang zu bringen waren. Die örtlichen Gewährsleute in Hattenhofen brachten mich schon auf die richtige Spur, denn diese wussten zu berichten, dass im so genannten "Schäferesch" früher Sandsteinplatten abgebaut wurden, die hauptsächlich für Kellerböden verwendet wurden. Ich entschied mich deshalb zunächst im Anschluss an das "Flurnamenbuch Baden-Württemberg" (S. 125) für eine Änderung der Schreibweise in "Schieferesch", obwohl dies weder geologisch noch sprachlich korrekt war, denn es handelte sich ja tatsächlich nicht um Tonschiefer oder kristalline Schiefer, sondern um Sandstein, der aber - und das ist das Wesentliche - tektonisch zu Platten (wenn auch nicht so fein geschiefert) gepresst war. Mundartlich wiederum war die Aussprache ähnlich wie bei "Schäfer", allerdings mit stärker diphthongiertem -äa-, aber eben nicht wie bei "Schiefer" mit i (lang oder kurz). Das Entscheidende war nun die Verbindung mit "Grube", denn diese dient ja doch vornehmlich zum Abbau von Bodenschätzen, siehe "Leimgrube" = Lehmgrube, "Sandgrube" oder "Goldgrube"; später kann dann dort auch wieder etwas vergraben werden, aber das ist eine andere Geschichte (siehe "Mördergrube"). Im südlichen Nachbarort Notzingen (Ortsteil Wellingen) hatten wir schon vor ein paar Jahren ebenfalls eine Schäfergrube bzw. "Schefergrube" vorgefunden und wie bei den oben beschriebenen Fällen aus besagten Gründen noch nicht abschließend deuten können. Für Hochdorf liegen nun aber die konkreten Nachweise vor, dass hier schon vor Jahrhunderten bis in die jüngere Zeit in verschiedenen Steinbrüchen der so genannte "Hochdorfer Angulaten-Sandstein" gewerblich abgebaut wurde (vgl. Hochdorf, Ortsgeschichte, S. 166-169).

Sprachlich liegt schlussendlich eine Nebenform von "Schiefer", nämlich "Schefer" vor (vgl. FISCHER, Schwäbisches Wörterbuch, Bd. VI/2 [Nachträge], Sp. 2928). Und somit wäre auch die korrekte Schreibweise bei den genannten Problemfällen: "Schefergrube", "Scheferäcker" und "Scheferesch"! q.e.d.

 

 

40. KW 50 (9. bis 15. Dezember)  

In Anlehnung an einen alten Schlager könnte man singen: "Ein Schnee wird kommen ..." Und er wird auch wieder gehen. Doch was hat das mit Flurnamen zu tun? Darauf gebracht hat mich eine Anfrage von Dr. Hans-Dieter Lehmann - vielen Dank dafür! Die Frage war: Die Herkunft des Bergnamens "Belchen", mit 1.414 m ü.NN der vierthöchste Berg im Schwarzwald (Baden-Württemberg), wird mit einer - erschlossenen - vordeutschen ("keltischen") Wurzel *belo- = glänzend, bzw. *bhel- = weiß [hier natürlich verkürzt dargestellt] gedeutet; zur naheliegenden Erklärung wird dann häufig die schneebedeckte (= glänzend weiße) Bergkuppe (zu entsprechenden Jahreszeiten) herangezogen - mit Bildern, wie man sie von vielen anderen hohen Bergen auf der Welt kennt [s.u.]. Was ist aber mit ähnlich klingenden Bodenerhebungen in den Niederungen? Darauf gibt es 2 kurze Antworten: 1. Viele Flurnamen, die mit "Bel-" (oder "Ber-") beginnen, haben einen ganz anderen Ursprung - dazu später mehr. 2. Berge können auch ohne Schnee eine helle Bergkuppe wie eine "Blesse" beim Blesshuhn (früher "Blässhuhn" geschrieben) haben. - Das Blesshuhn nennt man im Bodenseeraum übrigens auch "Belche (die -)"! Die "Urwurzel" b(e)l- steckt offenbar in vielen verwandten Wörtern: blass, bleich, blank, blau (!), blond; Blesse; blasen (Ball > Ballon) und dergleichen mehr >>>  

 

Quellen:  

GREULE, Albrecht. In: Imperium Romanum (Begleitband Landesausstellung Stuttgart 2005), S. 82.

KLEIBER, Wolfgang. In: Das Markgräflerland, Heft 2/2012, S. 92.

DUDEN, Bd. 7, Das Herkunfstwörterbuch, Mannheim 1963, S. 58

KLUGE, Etymologisches Wörterbuch, Berlin 1999 (23. Aufl.), S. 96.

Fotos: Wikipedia.  

 

 

39. KW 49 (2. bis 8. November) Flurnamen mit "Advent" habe ich leider nicht anzubieten. Für "Kerzenäcker" hatte ich auch kein passendes Beispiel zur Hand. Heilige kamen in den vergangenen Wochen auch ausreichend zu Wort, so dass auch der Heilige Nikolaus dieses Jahr beim Flurnamen der Woche stillschweigend übergangen wird (er kann sich ja in Zukunft noch öfter beim Casting bewerben). Stattdessen fiel die Wahl auf "Große Kälte", was ja viele sicher derzeit auch als zutreffend und passend empfinden werden.

Der Fall (so kann man hier schon sagen) stammt aus Ramsenstrut (Gemeinde Neuler, Ostalbkreis, Baden-Württemberg). Wie hier schon mehrfach gezeigt wurde, ist die mundartliche Aussprache häufig das entscheidende Kriterium zur Indentifizierung der Ursprungsbedeutung (zuletzt z.B. Nr. 34). Manchmal liegt aber auch die gesprochene Form von zwei sehr unterschiedlichen Wörtern sehr nahe beieinander, so auch hier: [k(h)eld] für "Kälte" und für (Achtung! Jetzt kommt's:) "Gehälde". Der entscheidende Unterschied zwischen diesen beiden Wörtern ist das grammatische Geschlecht (Genus), denn "Kälte" ist bekanntlich weiblich (Femininum), während "Gehälde" sächlich (Neutrum) ist; "Gehälde" ist nämlich das Sammelwort von Halde (die -) mit der Vorsilbe (Präfix) Ge- (vgl. Busch > Gebüsch). Richtig wäre also die Schreibweise: "Großes Gehälde"; es gibt übrigens in Ramsenstrut auch ein "Kleines Gehälde".  

 

 

Quellen:  

Flurbereinigung Neuler (2313), Karte 2 (Maßstab 1:5000). Landratsamt Ostalbkreis - Flurneuordnung und Landentwicklung - Ellwangen, erstellt am 05.06.08 (KAISER). 

LÖFFELAD, Peter: Die Flurnamen der Gemeinde Neuler. Ellwangen 2009 (noch unveröffentlicht).

 

 

38. KW 48 (25 November bis 1. Dezember) In Rottenburg am Neckar liegt der "Totenweg" (Flurname der KW 47) ganz nah beim Gewand mit dem Flurnamen "Schelmen". Dahinter versteckt sich aber kein neckischer oder hinterlistiger Mensch, sondern eine mittelalterliche, öffentliche "Tierkörperbeseitigungsanlage", schlicht eine Grube, in der verendete Tiere entsorgt wurden, denn "Schelm" bedeutet ursprünglich "Aas, Kadaver". In Seuchenzeiten wurden dort auch menschliche Leichen vergraben; mancherorts auch Opfer der Todesstrafe, die nicht in dem "heiligen" Boden des Friedhofs bestattet werden durften.  

Flurnamen wie "Schelmenwasen" werden häufig (anders als bei dem ausgewählten Beispiel aus Frickenhausen, Gemarkung Linsenhofen) ausschließlich mündlich tradiert oder auch bei schriftlicher Übertragung entstellt, wie bei dem Fall "Schelmentobel" auf der Gemarkung Frickenhausen, aus dem heute amtlich "Schöllentobel" wurde.  

Meistens findet man die Namen mit "Schelm" am Rande der Gemarkung (besonders am östlichen) - ähnlich wie heutzutage die Mülldeponien.

 

 

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Frickenhausen, Seite 66/67, 140, 198 und 199.  

 

 

   

37. KW 47 (18. bis 24. November) Da der "Totenweg" schon zu Frühzeiten der Besiedlung vom Dorf zu den Gräbern auf der Bestattungsstätte (später auch Friedhof genannt) führte, ist dieser Flurname immer ein wichtiger Hinweis für Archäologie und Siedlungsgeschichte:

 

Quelle: JAUCH, Thomas: Die Flurnamen der Stadt Rottenburg am Neckar, 1995, Seite 195-197.  

 

 

36. KW 46 (11. bis 17. November) Noch ein Heiliger: Zu Ehren des Heiligen Martin, dem am 11. November in katholischen Gemeinden mit einem abendlichen Laternenumzug gedacht wird, lautet der Flurname der Woche "Märtes Egert". Das Beispiel kommt aus Stötten (Stadt Geislingen, Landkreis Göppingen):

 

Quellen: LÖFFELAD, Peter: Die Flurnamen der Gemarkung Stötten. In: Stötten - vom Maierhof zum schwäbischen Albdorf. Hg. von Paul THIERER, 2006. Luftbilder S. 12 und 15; Flurnamenkarte S. 263, Text S. 292.

 

 

 

35. KW 45 (4. bis 10. November) Nach Allerheiligen drängen sich die Flurnamen "Heiligenäcker", Beispiel aus Linsenhofen (Gemeinde Frickenhausen, Landkreis Esslingen), und "Pfaffenwiese", Beispiel aus Walxheim (Gemeinde Unterschneidheim, Ostalbkreis), förmlich auf:

Quellen: Die Flurnamen der Gemeinde Frickenhausen, Seite 115/116.

Die Flurnamen der Gemeinde Unterschneidheim, Seite 323.  

 

"Der Heilige" hat im evangelischen Württemberg nicht die herkömmliche (katholische) Bedeutung von heilig gesprochener Person, sondern bezeichnet "das örtliche Stiftungsvermögen und seine Verwaltung durch die Gemeinde" 

DRÜPPEL, Christoph J.: Hochdorf. Geschichte einer Gemeinde im Albvorland. Hochdorf 1989, Seite 47. 

34. KW 44 (28. Oktober bis 3. November) In dieser Woche ist der "Flurname der Woche" ein ganzes Flurnamenbündel, besser gesagt ein Flurnamenpaket, oder noch besser: ein - verwirrendes - Flurnamengeflecht:

Auf der Gemarkung Hochdorf (Gemeinde Hochdorf, Landkreis Esslingen) findet man auf nahe beieinander liegendem Terrain: Das "Röschenhäldle" (mundartlich Raischenhäldle) im heutigen Ortsbereich, westlich davon das Gewand "Reuschweg"; der frühere Reuschweg führte nordwestlich zum "Reusch" (mundartlich Reisch) mit den "Reuschwiesen"; südwestlich vom "Reuschweg" und südlich vom "Reusch" befindet sich das "Reisloch" mit dem "Reislochwald" (amtlich "Reißloch" und "Reißlochwald"). Trotz der lautlichen, graphischen und geographischen Nähe lassen sich diese Flurnamen eindeutig voneinander unterscheiden und sprachlich deuten. 

Das "Röschenhäldle" hat seinen Namen wohl vom Adjektiv rösch mit der Bedeutung "steil abfallend".

Das "Reusch" und die danach benannten "Reuschwiesen" und der "Reuschweg" gehen zurück auf Reusch (das -) = Binsengras, Sumpfland.

Im "Reisloch" und im "Reislochwald" steckt schließlich Reis (das -) = Zweig, als Sammelwort = "Reisig" - also nicht die Pflanze Reis (der -) oder reißen = zerren.

Wichtig und aufschlussreich ist dabei vor allem, dass es über die Jahrhunderte keine Verschleifungen oder Angleichungen (Assimilationen) in der mundartlichen Überlieferung gegeben hat. Dies beweist die Klangtreue der Mundart bei der Flurnamentradition. 

 

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Hochdorf [im Erscheinen]. 

 

33. KW 43 (21. bis 27. Oktober) "Burris": Die Endung -is deutet auf einen Flurnamen mit vordeutschem (keltischem?) Ursprung hin, aber eine endgültige Klärung steht noch aus. Beispiel aus Frickenhausen (Landkreis Esslingen) >

 

 

 

 Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Frickenhausen, Seite 24. 

32. KW 42 (14. bis 20 Oktober) Hauptsächlich zum Mosten dien(t)en im Schwäbischen die Apfelbäume auf den Streuobstwiesen. In Flur- und Ortsnamen (auch z.B. im Sächsischen > Stadt Lößnitz) ist die alte Form "Affalter" für den Apfelbaum erhalten - wie im historischen Beispiel aus Wangen (Landkreis Göppingen) auf der alten Gemarkung Niederwälden:

 

 

Quelle: Das Namenbuch von Wangen und Oberwälden, Nr. 300, Seite 133.  

 

Mehr über die Erfogsgeschichte des Apfels bei BR2 Wissen im Radio. Anhören! 

31. KW 41 (7. bis 13. Oktober) Das "Herbsten", die Weinlese im Badischen ist ein willkommener Anlass dafür, diese Woche den Namen eines Weinberges für den Flurnamen der Woche auszuwählen, nämlich "Kammersbrunn" in Obersasbach, Gemeinde Sasbach im Ortenaukreis. Von dort hat man einen herrlichen Blick auf das Rheintal bis hin zum Straßburger Münster. Wein wird am Ort und im Gewand "Kammersbrunn" erst seit Mitte der 1960er-Jahre im großen Stil angebaut, wo eine umfangreiche und stark ins Gelände eingreifende Flurbereinigung durchgeführt wurde. Doch aus dem Flurnamen "Kammersbrunn" lässt sich herauslesen, dass schon viel früher Reben in diesem Bereich wuchsen, denn das Bestimmungswort ist wohl nicht "Kammer" (= 1. Raum, 2. Behörde), sondern die "Kammert" oder "Kammerz", womit ein "Spalierbaum oder Weinstock an einer Mauer, Hausrebe" bezeichnet wird [Flurnamenbuch Baden-Württemberg, 1993, Seite 87]. Das Grundwort ist zweifellos "Brunn" = Brunnen, Quelle, denn am Berg findet man auch heute noch gleich mehrere Frischwasserquellen; demgegenüber ist die mundartliche Aussprache gleichwohl "Kammer-Schprung". Auf die weitere Flurnamenforschung in Sasbach und Obersasbach kann man also durchaus gespannt sein.

 

 

Der Weinberg "Kammersbrunn" in Obersasbach

 

30. KW 40 (30. September bis 6. Oktober) Nach der Wahl - oder war es doch ein Wall? - in der letzten Woche mit dem "Wallenberg" nun die Mauer in Flurnamen (nicht in den Köpfen) zur Erinnerung an glücklicherweise vergangene Tage und zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober: Flurname der Woche > "Mauerin", Unterschneidheim/Oberschneidheim (Ostalbkreis):

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Unterschneidheim, Nr. 503, Seite 220.

 

Man achte besonders auf die benachbarten Gewandnamen! Der Zusammenhang mit "Burgstall" und "Wallensulz" ist offenkundig > vgl. Flurname der Vorwoche (KW 39)! Wahlen oder Wallen? Das ist hier die Frage! Beim "Wallensulz" in Unterschneidheim scheint die Antwort klar zu sein:  

 

 

 

29. KW 39 (23. bis 29 September) Wahlen kommen auch in Flurnamen vor >  

Dort beziehen sie sich aber meistens auf vordeutsche oder nichtdeutsche Siedler:

Beispiel "Wallenberg", Gemarkung Unterlenningen an der Grenze zu Erkenbrechtsweiler, beim "Heidengraben" (s.u.). 

 

 

Quelle: KEINATH, Walther: Orts- und Flurnamen in Württemberg. Stuttgart 1951, Seite 169/170.

Topographische Karte 1:25.000, Landesvermessungsamt Baden-Württemberg (jetzt Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung), 2006 

 

 

28. KW 38 (16. bis 22. September) "Käsbaum"

Auf den ersten Blick erscheint der Flurname "Käsbaum" für einen Wald auf der Gemarkung Erkenbrechtsweiler im Landkreis Esslingen auf der Schwäbischen Alb, wo auch die Flurnamen der beiden Vorwochen schon herkamen, seltsam und merkwürdig: Was ist ein Käsbaum?"  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch die ortskundigen Gewährsleute konnten sich darunter nichts mehr vorstellen. Im "Flurnamenbuch Baden-Württemberg" (Seite 88) findet man unter "Käs" nur den einfachen Hinweis "Käse, auch Erdklumpen". Im "Oberdeutschen Flurnamenbuch" von Michael R. BUCK steht auf Seite 132 außerdem: "Erdscheibe, die mit einem umgeworfenen Baumstamm aus dem Boden geht". Dies kommt in einem Wald natürlich häufiger vor.  

Der wahre Hintergrund ist wohl aber ein anderer: "Käsbaum" ist laut Walther KEINATH, "Orts- und Flurnamen in Württemberg", Seite 72 eine volkstümliche Bezeichnung für die Malve, die bereits "im Mittelalter als Heilkraut gebaucht wurde"; an dieser Stelle steht auch ein anderer - unter Heilkundigen vielleicht weiter verbreiteter Name für den "Käsbaum", nämlich "Käspappel". Genaueres dazu weiß (wie fast immer) Hermann FISCHER in seinem "Schwäbischen Wörterbuch" (Band IV, Spalte 245): Als "Käsle(in)" bezeichnete man die "Früchte der Malve", insbesondere der "Malva vulgaris", der "Malva rotundifolia und silvestris", und zwar "wegen der käsrunden Form und weil von den Kindern gegessen"; auf Spalte 249 noch Näheres zum Begriff "Käspappel" (mit weiteren Arten wie "Malva neglecta") und seiner Verwendung.

Bei Wikipedia findet man dann tatsächlich auch unter "Käsepappel" die Unterscheidung in "Große Käsepappel" = "Wilde Malve" ("Malva sylvestris") und "Kleine Käsepappel" = "Weg-Malve" ("Malva neglecta). Mit der Baumart "Pappel" besteht im Übrigen kein Zusammenhang. "Pappel" kommt wohl von "Papp" (vom Verb pappen = kleben) nach dem klebrigen, schleimigen Kinderbrei, den man früher aus den Malvenfrüchten hergestellt hat. 

 

 

PS: Interessant zu wissen, dass auch in den scheinbar "typisch" amerikanischen "Marshmallows" ursprünglich ein absolut natürliches Produkt aus einem Malvengewächs steckte, nämlich dem Eibisch (Altthaea officinalis). Wenn man den Namen genauer ansieht, wird es offenkundig: engl. marsh = Sumpf und mallow = Malve! Aha! 

 

27. KW 37 (9. bis 15. September) "Heidengraben"

Schon Jahrhunderte, bevor Ausgrabungen und archäologische Forschungen im 20. Jahrhundert eine keltische Siedlung auf einer Berghalbinsel der Schwäbischen Alb nachwiesen, deutete der Flurname "Heidengraben" auf den Gemarkungen Erkenbrechtsweiler (Landkreis Esslingen), Grabenstetten und Hülben (beide Landkreis Reutlingen) auf die Existenz einer vorchristlichen Befestigungsanlage hin. Das Bestimmungswort Heiden- ist hier eine Ableitung von Heide (der -) = Ungläubiger, Nichtchrist (mda. -ai-); nicht zu verwechseln mit Heide (die -) = offenes Land, Steppe (mda. -oi-) [vgl. Flurnamenbuch Baden-Württemberg, S. 79 und KEINATH, S. 164/165]. Das Grundwort ist Graben (der -) für eine von Menschenhand geschaffene Bodenrinne.

 

 

Quellen: Grunderhebungen zum Flurnamenatlas Baden-Württemberg von Hülben (2009) und Erkenbrechtsweiler (2013). 

Hülben. Ein Gang durch die Geschichte. Hülben 1987. 

Weitere Informationen auf der Homepage der Gemeinde Erkenbrechtsweiler

und natürlich auch bei Wikipedia >

 

 

 

26. KW 36 (2. bis 8. September) "Fürsteige" - "Viehsteige" - "Viehsteig" 

Der Flurname dieser Woche ist ein interessanter Fall aus der aktuellen Arbeit für die Grunderhebung der Gemeinde Erkenbrechtsweiler (Landkreis Esslingen), wo es übrigens auch noch andere spannende Funde gab – dazu später mehr. Nordwestlich vom Ort, auf einem Hang an der Grenze gegen Beuren findet man auf den neuesten Auszügen der ALK (= Automatisierte Liegenschaftskarte) des LGL (= Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung, früher Landesvermessungsamt Baden-Württemberg) den Eintrag „Fürsteige“; auf der letzten fortgeführten Flurkarte NO 0424 (Maßstab 1:2.500) vor der ALK ist an dieser Stelle jedoch gar kein Flur-, Gewand- oder Lagename eingetragen. Auf der Urnummernkarte NO IV 24 der Württembergischen Landesvermessung von 1827/28 steht wiederum „Am [!] der Vieh-Staige [!]“. 

 

 

 

Die aktuelle Schreibweise „Fürsteige“ ist im Liegenschaftskataster erstmals (soweit bislang bekannt) 1955 aufgeführt. Wie und warum es zu der Änderungder Schreibweise kam, ist bis dato unklar. Die Vorsilbe „Für“ kommt bei Flurnamen ansonsten z.B. in „Fürbach“ und vor allem in „Fürhaupt“ vor, mit der Bedeutung „vorne befindlich“ [vgl.Flurnamenbuch Baden-Württemberg, Stuttgart 1993, S. 66]; vielleicht war auch an eine Ableitung vom Verb „führen“ bzw. dem Substantiv „Fuhr, Fuhre (die -) = Fuhrwerk, Fuhrlast“ [ebda.] gedacht und wurde nur falsch (ohne h) geschrieben – wer weiß?

Auf den vermutlich richtigen Weg führt uns aber – wie so oft – die mündliche Überlieferung: Die Gewährsleute sind sich sicher und die originale mundartliche Aussprache spricht eindeutig dafür, dass das Bestimmungswort von Vieh (das -)

(= Tiere, Rinder) kommt. Noch deutlicher wird, dass dasGrundwort gar nicht Steige (die -) für einen steilen Fahrwerk, mda.Schdåig [korrekte phonetische Zeichen sind hier leider nicht möglich], ist sondern Steig (der -), mda. Schdeig, für einen schmalen Fußweg! Offenbar zeichnet sich dieser ehemalige Grasweg auch zubestimmten Zeiten heute noch im Feld ab. Südwestlich vom – nennen wir ihn ab jetzt beim (richtigen) Namen - „Viehsteig“, also einem Viehtriebweg, befand sich früher, wie auf der Urnummernkarte von1827/28 noch schön und groß zu sehen ist „die Erkenbrechstweiler Viehwaide“.

 

 

 

 

Eine abschließende Deutung und Bewertung ist allerdings – wie immer – erst nach eingehender Analyse der weiteren historischen Überlieferung möglich. Nur die ältesten schriftlichen Belege können beweisen, ob die mundartliche Überlieferung unverfälscht ist oder – was auch vorkommt – eben nicht.

 

 

 

 

 

25. KW 35 (26. August bis 1. September) Nach den Katzen nun die Hunde:

Die Hundstage - landläufig die heißesten Tage im Jahr zwischen 23. Juli und 23. August - sind vorbei. Die Bezeichnung "Hundstage" bezieht sich auf das Sternbild "Großer Hund" (Canis major) mit dem hellsten Stern Sirius, auch "Hundsstern" genannt; dieser ist aber hierzulande erst ab 30. August am Nachthimmel zu sehen! Flurnamen (und auch andere Benennungen) mit dem Bestimmungswort "Hund(s)-" haben - noch deutlicher und häufiger als die mit "Katzen-" - abwertende Bedeutungen. Relativ neutrale Beispiele für die Flurnamen der Woche kommen aus Ellwangen an der Jagst (Ostalbkreis): "Hundsberg", "Hundsrücken" (Gemarkung Röhlingen) und "Hundsloh" (Gemarkung Schrezheim):

 

Quelle: Das Ellwanger Flurnamenbuch, Nr. 975 und 976, Seite 310, sowie Nr. 1241, Seite 384 

 

24. KW 34 (19. bis 25. August) "Katzenbuckel" und "Katzensteig", Beispiele aus Weidenstetten (Alb-Donau-Kreis). Unsere geliebten Haustiere (Katzen wie Hunde) kommen in Flurnamen selten gut weg; meistens dienen sie zur Bezeichnung von schlechten, d.h. wenig ertragreichen Grundstücken. Die Fälle hier sind wenigstens einigermaßen neutral und beziehen sich auf äußerliche Merkmale und Fähigkeiten:

 

 

 

 

 

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Weidenstetten, Nr. 73 und 74, Seite 48 und 49. 

 

 

23. KW 33 (12. bis 18. August): "Berme" oder "Bräme"? Brombeerstrauch oder Brandrodung? Schwieriger Fall in Stötten (Stadt Geislingen, Landkreis Göppingen). Der älteste historische Beleg spricht allerdings für "Brende" = Brandrodung.

 

 

 

22. KW 32 (5. bis 11. August): "Thomasbühl" 

Zurzeit grollt er oft und ziemlich heftig, der Donner! Der "Thomasbühl" auf den Gemarkungen Zipplingen und Unterwilflingen (Gemeinde Unterschneidheim) hieß früher "Donnersbühl" oder "Donarsbühl" und verdankt somit dem Donnergott bzw. dessen lauten Poltern bei Gewittern seinen Namen. Dieses Beispiel zeigt wieder deutlich wie - und warum - Flurnamen im Laufe der Geschichte verändert und entstellt werden können:

 

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Unterschneidheim, S. 297, Nr. 666 und S. 405/406, Nr. 918 

 

21. KW 31 (29. Juli bis 4. August): "Augstbaum"

Dieser Baum wurde vemutlich nach einem Termin (der Reife?) benannt. Da der August in diesem Monat beginnt, ist dies ein willkommener Anlass, auf den ausschließlich historisch überlieferten Fall aus Lehningen, Gemeinde Tiefenbronn (Enzkreis) hinzuweisen. ("Augster" ist auch eine mundartliche Bezeichnung für Blitze und Wetterleuchten! Ob der "Augstbaum" in Lehningen aber danach benannt wurde, ist sehr fraglich. Eine abschließende und sichere Deutung ist anhand eines einzigen schriftlichen Belegs nie möglich.)

 

Quelle: Tiefenbronn. Die Flurnamen von Lehningen, Mühlhausen und Tiefenbronn, Seite 12, Nr. 4 

 

20. KW 30 (22. bis 28. Juli): "Wetterkreuz"

Immer das Kreuz mit dem Wetter: Dem einem ist es zu warm, der andern zu kalt, dem einen zu nass, der andern zu trocken. Gegen Unwetter soll aber - das glauben zumindest die Katholiken - ein Wetterkreuz auf dem Feld helfen. Das Beispiel für den Flurnamen der Woche kommt aus Zöbingen (Gemeinde Unterschneidheim, Ostalbkreis).

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Unterschneidheim, S. 523, Nr. 1228

 

 

 

19. KW 29 (15. bis 21. Juli): "Heidelberg"

"Verdient" hätten es die vielen Schnaken, Mücken, Schwaben - und wie sie alle heißen - schon aufgrund ihres derzeit massenweisen Auftretens auch als "Flurname der Woche" verewigt zu werden, aber die Freude über die vielen schönen Heidelbeeren und vor allem die köstliche Marmelade (das "G'sälz") daraus war doch stärker. Somit ist der Sieger dieser Woche der Flurname "Heidelberg", der natürlich durch den Ortsnamen der berühmten, ehemaligen kurpfälzischen Residenzstadt am Neckar mit der Schlossruine (und noch viel mehr) weltbekannt ist. 

Die Herleitung dieses Toponyms von Heidel (die -) = Heidelbeere ist aber ewig umstritten. Da es noch keine eigenen Untersuchungen für den Flurnamenatlas Baden-Württemberg gibt, soll hier ein hochgeschätzter Kollege und Fachmann, Professor Konrad Kunze, zu Wort kommen:

 

"Gibt es ungeklärte Ortsnamen?" Antwort von Konrad Kunze auf SWR am 7.6.2013 >>> 

 

Der "Flurname der Woche" wird aber Anlass für eine eingehendere Beschäftigung mit der Deutungsproblematik von "Heidelberg" sein. 

 

 

18. KW 28 (8. bis 14. Juli): "Ofen"

Dort ist es aber nicht besonders heiß, und es raucht auch nicht wie in einem Ofen, sondern der Flurname bezieht sich in diesem Fall aus der Gemarkung Ditzenbach auf einen früheren Kalkofen, in dem Kalk gebrannt wurde.

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Bad Ditzenbach, S. 160, Nr. 416

 

 

 

17. KW 27 (1. bis 7. Juli 2013): "Eulesweg" 

Der "Eulesweg" in Neu-Ulm war eine alte Römerstraße und ist mit der historischen Schreibweise "Yrisweg" überliefert. Die Deutung ist spannend:

Quelle: Stadt Neu-Ulm. Die Flurnamen, S. 20/21, Nr. 30 (Gemarkung Neu-Ulm):

 

 

 

 

1. KW 11 (11. bis 17. März 2013): "Strampfhansel"

Quelle: Das Ellwanger Flurnamenbuch, S. 160/161, Nr. 439 (Gemarkung Pfahlheim):

 

"[...] Ein Feld am Weg von Pfahlheim zum Weiler #Hochgreut gegenüber dem ehemaligen #Krautgarten trägt den Spottnamen Strampfhansel.

Als Strampfhansel bezeichnet man ein heulendes, auf den Boden stampfendes Kind [vgl. KEINATH, S. 197]. Im übertragenen Sinne wird dieser abfällige Ausdruck für minderwertige Flurstücke verwendet. (Die Bodenqualität wurde hier jedoch in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert.)"  

   

2. KW 12 (18. bis 24. März 2013): "ABC"

Quelle: Die Flurnamen von Aidlingen, Deufringen und Dachtel, S. 13, Nr. 1 (Gemarkung Aidlingen)

 

   

3. KW 13  (25. bis 31. März 2013): "Himmelreich"

Passend zur Karwoche. Hier für den häufiger vorkommenden Flurnamen ein sprechendes Beispiel aus Tiefenbronn (Gemarkung Mühlhausen).

Quelle: Tiefenbronn. Die Flurnamen von Lehningen, Mühlhausen und Tiefenbronn, S. 66, Nr. 166 

 

   

 4. KW 14 (1. bis 7. April 2013): "Osterwiese"

Wie könnte der Flurname an Ostern anders lauten als "Osterwiese". Doch geht der Flurname hier nicht auf das christliche Fest, sondern auf die Himmelsrichtung zurück. Ostern und Osten haben zwar einen gemeinsamen Ursprung (Morgenröte, Eos, Aurora, Frühlingsgöttin?), sind aber bei diesem Beispiel nicht austauschbar. Als Pendant findet sich auf der Gemarkung Unterschneidheim an der westlichen Gemarkungsgrenze auch die "Westere".

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Unterschneidheim, S. 230, Nr. 509

    

 

 5. KW 15 (8. bis 14. April): "Melkende Kuh" 

Auch die beste Geschichte muss nicht immer stimmen: Beispiel dafür die "Melkende Kuh" in Reichenbach an der Fils (Landkreis Esslingen). Die Metapher für eine einträgliche, reich fließende Quelle (oder das Gegenteil?) ist hier schon für das Jahr 1555 belegt. 

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Reichenbach an der Fils, S. 71, Nr. 130

 

   

6. KW 16 (15. bis 21. April): "Safranberg"

Der Frühling ist endlich da: Die Krokusse blühen! Dies steht in enger Beziehung mit dem Flurnamen "Safranberg" in Ulm an der Donau:

Quelle: Die Flurnamen der Stadt Ulm und deren Bedeutung, S. 85-87, Nr. 126

   

7. KW 17 (22. bis 28. April): "Ameisensteigle"

Ein schönes Beispiel für Umdeutungen im Lauf der Jahrhunderte: Wie aus dem "Ameisensteigle" ein "Heißes Steigle" wurde:

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Bad Ditzenbach, Gemarkung Gosbach, S.  

193, Nr. 496 

 

8. KW 18 (29. April bis 5. Mai): "Maiweg"

Passend zum bevorstehenden Wonnemonat der "Maiweg". Doch nur scheinbar, denn dieser entpuppt sich bei näherem Besehen als "Eichweg", also ein Weg in den Eichenwald. Das ist demnach genau der umgekehrte Fall einer falschen Lautabtrennung zum Flurnamen der vorangegangenen Woche "Ameisensteigle" - und dieses in derselben Gemeinde: Bad Ditzenbach:

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Bad Ditzenbach, Gemarkung Ditzenbach, S. 119/120, Nr. 301

 

9. KW 19 (6. bis 12. Mai): "Kleiner Mönch" und "Großer Mönch" 

Nach dem "Heißen Steigle" (KW 17), der ursprünglich ein "Ameisenweg" war, und dem "Maiweg" (KW 18), der ursprünglich ein "Eichweg" war, nun noch ein Weg, der ganz drastisch umgedeutet wurde: aus dem "Menweg" in Schriesheim wurde ein kleiner und ein großer "Mönch":

Quelle: Die Flurnamen der Stadt Schriesheim, Gemarkung Schriesheim, S. 73-75, Nr. 121, 124 und 125

 

10. KW 20 (13. bis 19. Mai): "Fleischbach"

Dass es bei Flurnamen deutliche Verwandlungen im Lauf der Zeit gibt, haben wir schon in den Vorwochen gesehen. Wie in KW 19 kommt der Flurname der Woche wieder aus Schriesheim: Der "Fleischbach" hat hier gar nichts mit dem Fleisch zu tun (warum auch?), sondern geht auf die historisch für das 13. Jahrhundert belegte Form "Flursbach" zurück. Dahinter steckt vielmehr ein Personenname! (Deshalb ist auch die Darstellung bei wikipedia auf der Seite der Stadt Schriesheim über die angebliche mundartliche Veränderung von "Flaasch" zu "Fleesch" nicht richtig!)

Quelle: Die Flurnamen der Stadt Schriesheim, Gemarkung Schriesheim, S. 32-33, Nr. 36 und 37  

 

11. KW 21 (20. bis 26. Mai) "Pfingstweide" 

Wieder einmal ganz passend der Flurname dieser Woche. Doch anders als bei der "Osterwiese" (Flurname der Woche 4. KW 14) bezieht sich dieses Beispiel tatsächlich auf das christliche Fest: An Pfingsten wurde das Vieh erstmals auf die Weide getrieben; dies war dann meistens auch ein guter Anlass, ein Volksfest zu feiern:

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Frickenhausen, Gemarkung Tischardt, S. 173/174, Nr. 413

 

12. KW 22 (27. Mai bis 2. Juni) "Fronacker"

Da in dieser Woche mit Fronleichnam schon wieder ein christlicher Feiertag ist, noch einmal ein dazu passender Flurname: "Fronacker", denn "Fron" bedeutet "Herr".

Quelle: Die Flurnamen von Aidlingen, Deufringen und Dachtel, Gemarkung Aidlingen, S. 41, Nr. 68

 

13. KW 23 (3. bis 9. Juni) "Reichenbach"

Bei dem Hochwasser im Land drängt sich ein Flurname auf: "Reichenbach", ein häufiger Gewässer-, Flur- und Ortsname. Ein gutes Beispiel aus Reichenbach an der Fils:

Quelle: Die Flurnamen der Gemeinde Reichenbach an der Fils, S. 79-82, Nr. 151; S. 116, Nr. 239

   

14. KW 24 (10. bis 16. Juni) "Leisental"

In dieser Woche einmal ein Fall aus laufenden Ermittlungen: Das "Leisental" auf der Gemarkung Nusplingen (manchmal auch "Laisental" geschrieben). Mit dem Adjektiv "leise" im Gegensatz zu "laut" hat es selbstverständlich nichts zu tun. Die wahre Herkunft ist aber noch unsicher. Am wahrscheinlichsten kommt das Bestimmungswort "Leisen-" von Leis (das -) bzw. Leise (die -) = Wagenspur [vgl. "Geleis", s. Flurnamenbuch Baden-Württemberg, S. 99]; die mundartliche Aussprache müsste dann aber wie bei "breit" lauten, hier also ungefähr "Loasa" [phonetische Umschrift erspare ich mir hier vorläufig] - nach Aussagen des einzigen noch greifbaren Gewährsamanns ist die volkstümliche Aussprache aber "Laisa-" ! Demnach wäre auch eine Herkunft von "Linsen" möglich. Auf des Rätsels Lösung kann man gespannt sein! Hörprobe aus den mehrstündigen Erhebungen im Gelände mit den Gewährsleuten aus Nusplingen, denen mein voller Dank gilt. 

 

15. KW 25 (17. bis 23. Juni) "Klafferacker"

Aufgrund einer aktuellen Anfrage(vielen Dank an Eberhard Köngeter, Stuttgart!) lautet der Flurname der Woche: „Klafferacker“. Die letzte bekannte amtliche Schreibweise ist „Kläferäcker“. Da bislang keine eigenen Erhebungen zu diesem Flurnamen auf der Gemarkung Vordersteinenberg (Gemeinde Altdorf, Rems-Murr-Kreis, Baden-Württemberg) durchgeführt wurden, ist eine abschließende Deutung noch nicht möglich. Dennoch erscheint dieser Flurname so spannend und aufschlussreich, dass an dieser Stelle näher auf ihn eingegangen werden soll:

Aufgrund der Lage und der historischenÜberlieferung (lt. E. Köngeter, s.o.: „Klafferacker“ und „Klaffervelldt“; Lorcher Lagerbuch 1576) geht das Bestimmungswortdes Flurnamens auf Klaffer (der -) für eine Pflanze zurück , die in der Landwirtschaft als „Unkraut“ angesehen wird und auch als „Hahnenkamm“ oder „Gelbes Rödelkraut“ bezeichnet wird,botanisch = rhinanthus crista galli; in manchen Gegenden ist der Klaffer auch als „Klaffenkraut“, „Klappenkraut“,„Klapperkraut“ oder „Klapperblume“ bekannt [DeutschesWörterbuch von Jacob und Wilhelm GRIMM, Online Version vom 17.6.2013]. Der Name geht darauf zurück, dass die reifen Samen in den Kapseln klappern, wenn der Wind sie bewegt.

Wie gesagt: Dies ist noch kein endgültiger Befund, aber vieles stützt diese erste Deutung. Das Flurnamenbuch Baden-Württemberg, S. 91,  nennt z.B. Klaffe (die -) = 1. Unkraut, 2. Teil des Wagens; BUCK, S. 138, dagegen: Klaffer, Kloffer m. Röhrkasten, Röhrbunnen; nach KEINATH, S. 72, ist „Klaffe“ der mundartliche Name für den „Ackersenf“, aber auch für den „Wachtelweizen“. Die ausführlichste und genaueste Beschreibung und Unterscheidung der einzelnen Bedeutungen und Bedeutungsvarianten findet man – wie so oft – im großen Schwäbischen Wörterbuch von Hermann FISCHER (und Hermann PFLEIDERER), Bd. 4, Sp. 433/434 (und anderen Stellen)! Belegt ist dort auch die landläufige Erfahrung: „Die Klaffe(n) fresse(n) 's Korn“.

 

 

16. KW 26 (24. bis 30. Juni) "Sommerhalde"

Rechtzeitig zum Sommeranfang lautet der Flurname der Kalenderwoche 26: "Sommerhalde". Der Beleg stammt aus Schrezheim (Stadt Ellwangen, Ostalbkreis): Das Bestimmungswort "Sommer" drückt dabei aus, dass die "Halde" (= Abhang, Böschung) nach Süden geneigt ist und deshalb länger von der Sonne beschienen wird; im Gegensatz dazu steht die "Winterhalde", die tatsächlich auch auf der Gemarkung Schrezheim gegenüber liegt. (Der Name ist hier offenbar relativ jung, weshalb keine historischen Nachweise vorliegen.)

Quelle: Das Ellwanger Flurnamenbuch, S. 403, Nr. 1312 (und S. 408, Nr. 1330)